Sonntag, 24. April 2011

Ostern 2011

„Kommst du mit zum Mitarbeiterkreis?“, fragte mich mein Pfarrer. Eigentlich hatte ich keine Lust, denn da werden mit Sicherheit Aufgaben verteilt und ich habe doch schon genug. „Es ist wegen Ostern“, fügte er hinzu. Dieses Argument habe ich gelten lassen, vielleicht kann ich dann den Gottesdienstablauf und die Lieder erfahren.
Oh weh, die Osterlieder, meine Bläser meckern jedes Mal. Ostern das größte Fest der Christenheit und dann so traurige Lieder die zu spielen überhaupt keinen Spaß macht. Jedes Jahr die gleiche Leier. Genau so oft wie sie rumnölen genau so oft erkläre ich, dass die Lieder fürs fröhlichste Fest der Christen zu einer Zeit geschrieben wurden, in der es weder Dur noch Moll gab und die Kirchentonart dorisch als besonders festlich empfunden wurde. Was interessiert meine Leute der Geschmack der Vorzeit. Eigentlich sagt man Frauen nach, dass sie reden, um zu reden. Bei den Osterliedern leben meine Bläser ihre weiblichen Anteile in ganzer Vollendung aus.

Im Vorbereitungskreis ging es zwar um Ostern doch mehr um den ganzen Ablauf von Gründonnerstag über Karfreitag, Osternacht mit Taufe, Osterfrühstück Ostergottesdienst und um die Mithilfe des Mitarbeiterkreises. Und schon hatte ich meine Aufgabe weg. Irgendetwas sollte ich zur Osternacht lesen. Ich kann so schlecht nein sagen. Also, noch vor der Zeit aufstehen und im Dunkeln nach Großschwabhausen fahren.
Ein Gutes hatte der Mitarbeiterkreis dann doch. Ich habe etwas dazugelernt. Mein Arbeitskollege, den ich für einen Scheinkatholiken halte, hielt mir immer vor, dass der Karfreitag der höchste Feiertag der Lutheraner ist. Ich habe das immer vehement bestritten. Genau das sagte dann auch mein Pfarrer: „Christus für uns gestorben“ ist die Kernbotschaft Luthers, deshalb ist der Karfreitag für uns so wichtig. Mich tröstet aber eines, auch für die Katholiken ist Ostern nicht der allergrößte Feiertag sondern Weihnachten, von wegen der Maria und so. Eigentlich haben sich nur die Orthodoxen Ostern als wichtigsten Feiertag erhalten, genau so, wie es die ersten Christen gefeiert haben.
Mit einer Erkenntnis mehr und mit einer neuen Aufgabe ging es also daran das Osterfest zu meistern.
Zuerst hatten wir am Gründonnerstag Tischabendmahl. Der kleine Gemeinderaum war festlich geschmückt und es war geplant, dass jeder etwa so viel mitbringt wie er selber isst. Nach der Andacht und dem Abendmahl wollten wir alles mischen und gemeinsam essen. Es hat schon seine Vorteile Lutheraner zu sein. Die Katholiken bekommen am Gründonnerstag die Füße gewaschen und wir schnabulieren. Es kamen erstaunlich viele Leute und was die alle mitgebracht haben. Ich glaube nicht, dass alle so gut zu Abend gegessen hätten. Nach einem schönen Gottesdienst haben wir noch gemeinsam gegessen, quasi in Erinnerung an das letzte Abendmahl. Nachdem alles alle war, zerstreute sich die Gemeinde.
Karfreitag war dann ein musikalischer Gottesdienst zum Tode Jesu mit dem Projektchor, Respekt!
Im ganzen Jahr hatten wir bisher kaum Ständchen, aber am Karsamstag war es wieder mal so weit. Günter, der Vater unseres Tenorposaunisten Ralf wurde 70 Jahre alt. Es war eine große Feier und wenn wir nicht erschienen wären, hätten wir den Jubilar sehr enttäuscht. Günter hat eine besondere Beziehung zum Posaunenchor, er hält die Beziehung zu unseren Bläserfreunden in Württemberg besonders lebendig. In den 80ger Jahren hatte unser Posaunenchor Besuch aus Württemberg. Der Posaunenchor aus Kirchheim/ Teck- Jesingen war durch Vermittlung von LPW Klaus Ullmann bei uns. Seitdem haben wir die Verbindung nicht abreißen lassen. Nach der Wende lebte Ralf ein Jahr in der Jesinger Mühle,während er in Württemberg arbeitete. Dadurch entwickelte sich die Beziehung von Ralfs Familie zur Müllerfamilie sehr intensiv. Ralfs Eltern sind auch jetzt noch oft in der Mühle und Günter hat dort immer etwas zu schrauben, zu hämmern und zu schweißen. Für die Mühlenkinder sind Ralfs Eltern inzwischen zu Opa Günter und Oma Elisabet geworden. Kein Wunder, dass zu unserem Ständchen Ulrich, der Müller von Jesingen, mitspielen wollte und sollte. Er fragte vorsichtig bei mir an, ob Tobias, der zehnjährige Jungbläser, beim Ständchen für Opa Günter mitspielen darf. Eigentlich liegt mir die Qualität des Vortrages sehr am Herzen. In diesem Fall hielt ich es aber für viel wichtiger, dass der Jungbläser dabei war, koste es was es wolle. Zugegeben, die Trefferquote war nicht sehr hoch, aber trotzdem hat das Ständchen das Herz des Jubilars getroffen. Das war allemal wichtiger. Ganz schlimm kann es aber trotzdem nicht geklungen haben, denn eine Kirchenälteste hat hinterher gefragt ob wir nicht auch ein Ständchen für ihre Eltern spielen könnten.
Dann war es so weit, Osternacht. Ich hatte unruhig geschlafen um das Aufstehen nicht zu verpassen. Gegen fünf Uhr kamen wir in Großschwabhausen an und wurden von unserem Organisten, dem Ingo, begrüßt. Er teilte uns mit, dass die Orgel nicht am österlichen Jubel teilhaben wollte. Das war die erste Überraschung. Die Gemeinde versammelte sich trotzdem wie geplant zuerst einmal auf der Orgelempore. Fünfzehn waren erwartet fünfundvierzig, mit Kindern, waren es. Das war die zweite Überraschung. Nun wurde es eng auf der Empore. Es waren Leute um die Achtzig dabei. Das könnte man ja noch mit seniler Bettflucht begründen. Das Gros waren Familien mit Kindern. Das war die dritte Überraschung. Die Teilnehmer waren ganz bunt gemischt, nicht nur wegen der Altersstruktur. Da war Frau Weber, die das ganze Dorf mit Traktaten traktiert, da war Herr Börngen, der vom Staate Österreich damit geehrt wurde, dass sein Konterfei auf einer Briefmarke abgebildet wurde, da war das dreijährige Kind, die Hausfrau ,Handwerker und Akademiker alle feierten gemeinsam die Auferstehung des Herrn. Da die Orgel nicht spielen wollte ist unser Doc eingesprungen. Er hat immer eine Flöte mit. Sein Spielen hat die Osternachtfeier sehr würdig begleitet. Ich habe mich nur gefragt, war es die Flöte, die er mit Pflaster oder die, die er mit Gummiband repariert hat.
Unsere erste Osternachtsfeier war sehr schön und hat der Gemeinde gefallen, ebenso wie das Osterfrühstück, obwohl auch hier die Plätze recht knapp wurden. Nach dem Osterfrühstück war die Gemeinde eingeladen an einer Osterwanderung nach Isserstedt teilzunehmen wo um 9.00 Uhr der reguläre Ostergottesdienst stattfinden sollte. Ich hatte es vorgezogen mit dem Auto zu wandern, vor allem weil ich den Tubisten samt Tuba mitnehmen sollte und weil ich pünktlich sein mußte. Da ich den Bläsern eingeschärft hatte, dass wir eine halbe Stunde Rüstzeit zur Vorbereitung haben müssen , sonst kommen wir nicht richtig zu Potte, musste ich ja auch mit gutem Beispiel voran gehen. Vor der Osternacht hatten Diethart, unsere erste Stimme, und ich, die Instrumente und Noten in Dietharts Auto schon in Isserstedt deponiert. Auch die Schlüssel fürs Pfarrhaus waren im Wagen eingeschlossen. Eigentlich war alles gut vorbereitet. Was wir nicht wissen konnten, die Konfirmanden, die die Osterwanderung führen sollten, waren nicht aus dem Bett gekommen. So bat der Pfarrer Diethart darum die Osterwanderung zu führen. Mir war das leider nicht bekannt. Das mit Dietharts Wanderleitung wäre ja nicht so schlimm gewesen, doch die fußlahme Frau Weber, mit knapp achtzig Jahren war der Meinung sie müsse auch mitwandern. Die Gruppe sollte aber auch zusammen bleiben. So wurden aus geplanten fünfundzwanzig Minuten mehr als eine Stunde. Wie sich das ausgewirkt hat erzähle ich jetzt.

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