Dienstag, 1. Februar 2011

Wir haben Weihnachten abgeblasen

Dies war die längste Weihnachtszeit meines Lebens. Dabei hatte alles ganz harmlos angefangen.  Unser neuer Pfarrer legt großen Wert darauf die Adventszeit und die Weihnachtszeit nicht zu vermischen. Das war besonders beim musikalischen Start in den Advent so. Wir, als Posaunenchor, können da nicht so ganz puristisch sein, denn sonst würden wir in der Adventszeit nur „Tochter Zion“ und „Macht hoch die Tür“ spielen. Endlich war Weihnachten da und eigentlich schon wieder vorbei. Am ersten Weihnachtstag musste ich drei Stunden Schnee schippen bis ich wieder verkehrstauglich war, das heißt, bis mein Auto wieder am Straßenverkehr teilnehmen konnte. Als Weihnachtsgruß habe ich dann per Email die fotografierten Schneehaufen geschickt. Es kamen auch welche zurück.
Unser Pfarrer teilte mir mit, dass er am 30. Januar einen musikalischen Gottesdienst zur Beendigung der Weihnachtszeit ansetzen will. Eigentlich hat er ja recht damit, dass die Weihnachtszeit bis Lichtmess geht, doch so etwas hatten wir bisher noch nie gemacht.
Am Anfang des neuen Jahres stand für uns zuerst einmal ein Ständchen auf dem Programm. Theo, ein Kirchenältester, wurde 75 Jahre alt. Am Abend seines Geburtstages fanden wir uns auf seinem Hof ein. Die BläserInnen standen durcheinander in den Gängen, die zwischen den Schneehaufen gebahnt waren, die Temperatur war kurz vor dem  Gefrierpunkt der Instrumente, es war Dunkel, kurz und gut wir hatten wieder einmal Idealbedingungen. Nach den obligatorischen drei Chorälen kam der volkstümliche Teil. Per Nummerncode ließ ich den „Schneewalzer“, als Überraschung für Theo, auflegen.  Da er Spaß versteht habe ich zu Beginn das Wort an ihn gerichtet: „ Theo, weißt du, du hast in einer ganz komischen Zeit Geburtstag. Weihnachtslieder will keiner mehr hören und für „Alle Vögle sind schon da“ ist es zu früh.“ Kaum hatte ich das gesagt, antwortete mir Theos Frau: „Vor fünf Jahren habt ihr den Schneewalzer gespielt.“ Ich liebe es wenn ein Gag gelingt…
Wir haben den Schneewalzer dann trotzdem gespielt, außerdem „Schneeflöckchen weiß Röckchen“ und „In einem kühlen Grunde“. Theos Tochter sagte: „Ich kann keinen Schnee mehr sehen.“ Wie Recht sie hat!
Am Tag der Heiligen drei Könige habe ich es dann gemacht wie die Heilige Familie. Ich ging nach Ägypten. Natürlich ließ ich mich nicht vom Esel tragen. Da ich ein wenig adipös bin und mit
Sicherheit mehr Kilos aufbringe als Maria und das Jesuskind gemeinsam, wäre das eine Zumutung für das arme Vieh  gewesen. Am 7. Januar. war unsere Reisegruppe in Luxor.  An diesem Tag feiern die Koptischen Christen Weihnachten. Als wir am Vormittag, nach dem Gottesdienst, durch Luxor fuhren, sahen wir  drei Mannschaftswagen mit Polizei hinter einer Kirche stehen. Wahrscheinlich hing das mit den Anschlägen zusammen, die vor einiger Zeit auf eine koptische Kirche verübt worden waren. Am Abend machten wir eine Kutschfahrt durch die Stadt und besuchten anschließend eine katholische Kirche.  Am Giebel der Kirche hingen drei Silhouetten von einer Glocke aus Lämpchen. Die Glocken leuchteten zeitversetzt. Nur eine Sekunde lang dachte ich daran diese „optische Läuteanlage“ nach Kötschau zu exportieren, da unsere Glocke gerade baulich gesperrt ist. Die Messe war gerade  vorbei und wir gingen in die Kirche. Vorm Altar sangen einige Teilnehmer unserer Reisegruppe das fröhliche O, will sagen, „O, du fröhliche“. In einer Nische stand eine Krippe mit sehr geschmackvollen Tonfiguren. Warum haben wir eigentlich so etwas Schönes nicht zu Hause?

Was ist eigentlich die Ägyptische Hochkultur, all diese handwerklichen und architektonischen Meisterleistungen? Die„richtigen“ Pyramiden die Stufenpyramide oder die, die halb in die Erde und halb über der Erde  gebaut wurden, die Tempel, die Felsengräber, all das ist ja nur eine Auseinandersetzung mit dem Tod, bzw. mit dem Leben nach dem Tod.  Mir wurde das beim Besuch eines Grabes im Tal der Könige bewusst. Plötzlich stand vor mit die Frage: „Wie hältst du es mit dem Leben nach dem Tod?“ „Jesus lebt mit ihm auch ich“, diesen Choral habe ich schon oft gesungen. Glaube ich das auch, trägt das im Leben und auch im Tod? Es ist unglaublich genial, was die Menschen damals geschaffen haben, doch im Lichte von Jesu Wort: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich“ ist das alles sinnlos gewesen.
Unsere Reisegruppe hatte mit Erkältung und Brechdurchfall zu kämpfen. Das veranlasste mich zu der Frage: Ob das Jesuskind auch mal Durchfall gehabt, oder ob es Husten gehabt  hatte? Noch viel interessanter fand ich die Fragestellung ob der kleine Jesus auch mal an so einen Obelisken gepullert hat? Mit seinen Worten hat später der große Jesus die Ägyptische Hochkultur angep….
 So ein Vergehen des kleinen Jesus, am Obelisken, hätte die Ägypter wahrscheinlich in Aufruhr versetzt. Bestimmt nicht in so einen großen Aufruhr, wie er nach meiner Rückkehr im Lande ausgebrochen ist. Aber der Ärger der Ägypter hätte möglicherweise so weit gereicht, dass es danach keines Engels mehr bedurft hätte, der Joseph im Traum nach Hause geschickt hat.
Als ich wieder zu Hause war, galt es den musikalischen Abschluss der Weihnachtszeit vorzubereiten. Also probten wir wieder Weihnachtslieder. Während wir das Weihnachtsliedermedley übten, das uns unser LPW Frank Plewka geschrieben hatte, hätte ich fast laut gelacht. Ich dachte daran, was wohl Sigi, der Herr, der über uns wohnt, d.h. der mit Frau und Kindern über unserem Probenraum lebt, denken wird, wenn wir im Januar Weihnachtslieder spielen. Als ich das Gesicht vor mir sah musste ich grinsen. Da die Bläser während des Spiels sowieso kaum zum Dirigenten sehen, ist keinem etwas aufgefallen.
Der 30.1. rückte immer näher. Meine Kollegin sagte: „Da braucht ihr doch noch mal Schnee, wenn ihr noch mal Weihnachten feiert“. Das war eine Retourkutsche auf meinen Spruch. „Scheiß weiße Weihnacht“, mit dem ich sie immer geärgert hatte. 
Die Schneemassen des Weihnachtsfestes waren weggetaut und am 30. Januar hatten wir kaum einen Zentimeter der weißen Pracht am Boden liegen. Der Gottesdienst begann mit einer erfreulichen Nachricht. Unser Patrick war glücklich von einem Jungen entbunden worden. Ob dieser Bläsernachwuchs eines Tages richtiger Bläsernachwuchs wird? Doch es gab auch andere Dinge, die mich in Beschlag nahmen. Diethards Schnodderseuche war zurückgekehrt. Er lag schon zwei Tage zu Hause fest und hat sich nur aufgerafft, um uns nicht im Stich zu lassen. Die BläserInnen kamen einigermaßen pünktlich. Wir fädelten, uns, auf der Empore, ein. Die wenigen Plätze um die Orgel mussten mit Bedacht belegt werden. Eine Jungbläserin kam leider viel zu spät. Als sie sich einen Platz suchte, stellte sie fest, dass ihr Notenständerpartner nicht erschienen war, damit auch der Notenständer fehlte. Ob bei uns mal ein Einsatz ohne Probleme funktioniert?
Der musikalische Gottesdienst jedenfalls lief ganz gut. Da Ingo und ich das Programm rechtzeitig hatten, waren wir ordentlich vorbereitet. Ingos Orgelvorspiele haben mir sehr gut gefallen. Auch bei uns lief alles glatt. Nur ich hatte ein Problem. Der Kopf sagte mir, dass der Termin für diesen Gottesdienst mit Posaunen, Flöten, Kinderchor, Projektchor, Miniband und Orgel zum richtigen Zeitpunkt stattfand. Mein Herz klagte: „Ach hätten wir das doch vor sechs Wochen gemacht“.
Wie dem auch sei, wir haben alles glücklich auf die Reihe gebracht. Als das letzte Lied verklungen war, mussten wir nur noch das Plewka- Medley spielen. Wir hatten alles gut geprobt, eigentlich konnte gar nichts mehr schief gehen. Alle Bläser hatten die Noten aufgelegt, da stellte ich fest, dass unser Tubist Probleme hatte die drei Seiten auf seinem Notenständer zu sortieren. Ich wartete, wartete und wartete. Gefühlt war es mindestens eine halbe  Stunde.  Auf einmal rief es aus dem Kirchenschiff: „Ingo spielst du uns noch was?“ Der Ingo spielte nichts mehr, denn ich hatte die Arme schon erhoben. Das Medley lief prima, es ist aber auch wirklich gut. Das letzte Lied im Stück ist das fröhliche O, dann kam ein furioser Schluss.
So, nun haben wir Weihnachten endgültig abgeblasen. Endlich ist die Weihnachtszeit vorbei.

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