Sonntag, 10. März 2013

Das Märchen vom traurigen Prinzen.

Liebe Leser,
hier finden sie mein erstes Märchen. Es ist den Mitarbeitern der Seelsorgewoche gewidmet und meinen Freuden aus der Kleingruppe, die mir sehr viel gegeben haben.
Wie immer gilt, wer Rechtschreibfehler findet darf sie behalten.
                                           
                                          Das Märchen vom traurigen Prinzen.

Es war einmal ein kleiner Prinz. Eigentlich war er ein ganz normaler Junge, doch weil sein Vater der König war, war er eben ein Prinz. Der kleine Prinz spielte und lachte, tollte herum und machte Unsinn. Er tat eben all das, was alle Jungen machten. Eines Tages ging er zu seinem Vater, dem König, und sagte; „ Papa, ich will auch so ein toller König werden wie du.“ Das freute den König. „ Ich will für meine Untertanen sorgen und sie beschützen“. Dieser Satz freute den König auch. „Aber um König zu sein, muss ich doch mit dem Schwert kämpfen können.“ Der König nickte mit dem Kopf. „Aber dann musst du mir das zeigen.“ Der König legte seine Stirn in Falten und sagte: „ Um mit dem Schwert kämpfen zu können bist du noch viel zu klein. Sieh doch, du kannst den Griff noch nicht einmal richtig umfassen, du würdest dir weh tun und das will ich nicht.“
„Aber…“, der Prinz wollte noch etwas sagen.
„Paperlapapp“, fiel ihm der König ins Wort, „ ich habe viel zu viel zu tun, geh jetzt.“
Nach ein paar Monaten kam der Prinz wieder zum König. „Sieh mal Papa, jetzt kann ich den Griff richtig gut anfassen. Er passt in meine Hände“.
„Leg sofort das Schwert weg. Das ist kein Spielzeug. So ein Schwert ist doch gefährlich damit kannst du dich verletzen.“
„Aber ich will doch so werden wie du“.
Der König freute sich und wandte sich seinem Sohn zu. „Zum Kämpfen lernen haben wir doch noch alle Zeit der Welt.“ „Sattelt mir mein Pferd“, rief der König dann den Dienern zu: „Ich muss die Burgen an unseren Grenzen inspizieren, vielleicht gibt es bald einen Krieg, dafür müssen wir gewappnet sein.“
Nach einem halben Jahr kam der König wieder nach Hause und der Prinz empfing ihn mit dem Schwert in der Hand. Wieder bat er den König ihm zu zeigen, wie man mit dem Schwert kämpft, doch dieses Mal hatte der König keine Zeit weil er in den Krieg ziehen musste.
„Ich muss doch lernen wie man mit dem Schwert kämpft“, sagte der Prinz und das Herz tat ihm vor Verlangen weh.
„Aber ich kann es dir doch jetzt nicht zeigen, ich muss in den Krieg“, sagte der König und war sehr traurig.  Diese Traurigkeit überfiel jetzt auch den Prinzen und er konnte sich überhaupt nicht mehr freuen. Tag für Tag dachte er daran, dass er einen Papa hatte, der ihm nicht gezeigt hat wie man kämpft. Die Traurigkeit tat so weh, dass er beschloss nichts mehr zu fühlen. Es dauerte einige Zeit, dann fühlte er nichts mehr. Die Traurigkeit war weg, doch auch die Freude. Sein Lachen erstarb und der Glanz in den Augen war verschwunden. Doch eine Hoffnung hatte er, die Hoffnung darauf, dass der König wiederkehrte. So verging Jahr um Jahr, doch der König blieb im Krieg und der Prinz spürte einfach nichts mehr. Nur einen Satz wiederholte sein Herz immer und immer wieder. `Ich kann nicht kämpfen, weil mein Papa es mir nie gezeigt hat´. Eines Tages erschallten die Fanfaren vom Turm und alle Leute in der Stadt, die sich beim Schloss befand, jubelten laut. Der Krieg war zu Ende und der König kehrte heim. `Jetzt, jetzt lehrt mich mein Papa wie man kämpft´, dachte der Prinz bei sich und die Freude begann wieder in sein Herz einzuziehen und mit ihr kamen all seine Gefühle zurück. Doch wie enttäuscht war er, als da auf dem Pferd ein alter gebrechlicher Mann sass, vom Krieg gezeichnet, der sich nur noch mit Mühe aufrecht halten konnte. Das war doch nicht sein Papa, der große starke Mann von dem man kämpfen lernen konnte.
Als der König sich eingewöhnt hatte, ließ er den Prinzen zu sich kommen.
„Mein Sohn“, sagte er „ich weiß noch genau um was Du mich bei unserem Abschied gebeten hast. Ich sollte dir zeigen wie man das Schwert gebraucht und richtig kämpft. Jeden Morgen sah ich dein Gesicht vor mir und die Trauer in deinen Augen. Es tut mir unendlich leid, aber ich kann es nicht mehr ändern. Ich hoffe du willst noch König werden. Es ist die schönste Aufgabe, die man haben kann.  Als König ist man so etwas wie der Vater für das Volk. Man schützt seine große Familie, sorgt dafür, dass sie sich Nahrung, Kleidung und Wärme schaffen können und dass es ihnen gut geht. Man schafft jedem den notwendigen Freiraum und bekommt Liebe zurück“
Wollte der Prinz eigentlich noch König werden? Er wusste es nicht. Daher erbat er sich drei Tage Bedenkzeit um sich zu prüfen. Am ersten Tag dachte er nach. Er dachte und dachte und zermarterte er sich den Kopf doch er fand keine Antwort. Am zweiten Tag prüfte er seine Gefühle. Er versuchte zu fühlen und zu fühlen, doch er spürte nichts.  Am dritten Tag ritt er ins Land um sich von der Anstrengung des Denkens und Fühlens zu erholen. Als er einen halben Tag geritten war, kam er in eine Stadt, in der Markttag war. Er hatte Hunger und wollte sich etwas zu essen kaufen. Da kam er an einen Stand von zwei alten Marktweibern. Die eine roch nach Sauerkraut und die andere nach altem Hering. Er trat an ihren Stand, doch sie beachteten ihn nicht, sondern unterhielten sich angeregt. „Ach was soll nur werden“, lamentierte die eine. „Unser König ist alt und gebrechlich. Wer wird uns eigentlich helfen und beschützen wenn er nicht mehr da ist?“
„Ich bin doch da“, hätte der Prinz beinahe ausgerufen, da erinnerte er sich daran, dass er nicht mit dem Schwert umgehen kann. Er würde zornig. Zornig darüber, dass es seine Bestimmung ist König zu sein, es aber nicht zu können. Er sprang auf sein Pferd und ritt zurück. Am Abend trat er dem König unter die Augen.
„Ja. ich will König werden, aber ich kann nicht und du bist schuld.“
Der König wurde froh und traurig zugleich.  Er holte tief Luft, weil die Worte seines Sohnes so schrecklich weh taten. Doch als er sich gefasst hatte, sagte er zu ihm: „Ich kann dich nicht mehr kämpfen lehren, so ziehe in die Welt um zu lernen wie man mit dem Schwert umgeht und ein guter König wird. Suche dir einen Lehrer. Wenn du wiederkehrst sollst Du das Schloss und das Königreich erhalten. So sei es!“
Und der Prinz zog in die Welt, doch es war gar nicht einfach einen richtigen Lehrer zu finden. Viele Männer hatte er gefragt, ob sie sein Lehrer sein wollten. Einige sagten „Ja“, doch die wollten dann nur sein Geld oder sie wollten angeben, dass sie mit einem echten Prinzen zusammen sind. Wieder andere wollten nur einen Freund haben, waren genau so allein wie unser Prinz und konnten ihm nicht zeigen wie man kämpft. So wurde der Prinz bei seiner Suche enttäuscht, enttäuscht und immer wieder enttäuscht. Und dabei wurde der Prinz trauriger und trauriger.
Eines Tages lief er durch einen großen Wald. Er lief und lief und lief. Er war dabei so traurig, dass er gar nicht merkte wohin er lief. Es ging bergauf, bergab, durch Dickicht und Gestrüpp. In seiner Traurigkeit merkte er nicht einmal, dass er durch Bäche lief und die Blumen zertrat. Plötzlich stolperte er über eine Wurzel. `Wo bin ich eigentlich`, fragte er sich und merkte, dass er sich  auf einer Lichtung befand. In der Mitte der Lichtung stand eine kleine Hütte und vor ihr hackte ein Mann Holz. Als der Mann ihn sah, hörte er mit seiner Arbeit auf und rief: „ He, he wer bist du.“ Was sollte der Prinz jetzt eigentlich sagen. Ich bin ein Prinz, der niemals König werden kann? Er holte tief Luft, seufzte und sagte: „Ich suche Arbeit.“
„Oh, das ist ja prima. Ich bin Holzfäller und brauche einen Gehilfen.“ Der Prinz überlegte nicht lange. König würde er sowieso nicht mehr werden und Arbeit brauchte er um nicht zu verhungern.
„Holzfäller bist du?“, fragte er.
„Ja, wieso?“
„Ach, ich wollte nur wissen von wem du das gelernt hast.“
„ Von meinem Vater habe ich das gelernt. Schon als kleiner Junge hat er mich mit in den Wald genommen. Er hat mir die Bäume erklärt und gezeigt wie man sie richtig fällt. Er zeigte mir Pilze, Beeren und andere Dinge von denen man sich hier ernähren kann. Ich kann davon sogar ein richtig gutes Essen machen. Glaub mir, mein Essen hat noch niemand ausgespuckt.“
Beim Wort Essen bemerkte er, dass er richtigen Hunger hatte. Er fragte: „Bist du bereit mir das Holzfällerhandwerk beizubringen und alles was dich dein Papa gelehrt hat?“
„Wenn du es wirklich willst“, sagte der Holzfäller, „ an mir soll´s nicht liegen.“
Beim Essen erzählte er dem Prinzen, dass er für ein Jahr im Wald bliebe um dann zu seiner Familie zurückzukehren. So lange könne er bei ihm bleiben. Dem Prinzen war es recht. Tag für Tag ging er dem Holzfäller zur Hand. Bei dieser schweren Arbeit wurde er immer kräftiger und geschickter. Am Ende war er ein richtig guter Holzfäller. Oft lobte der Holzfäller den Prinzen, der inzwischen sein Freund geworden war, doch der Prinz konnte sich nicht über das Lob freuen, weil es nicht bis zu seinem Herzen durch drang. Schneller als gedacht ging das Jahr um.
„Noch einen Baum, dann ist es geschafft.“, sagte der Holzfäller voller Freude. „Dann geht es heim.“ Und so machten sich die beiden dran den letzten Baum zu fällen. Sie machten alles wie sonst, doch als der Baum fiel, drehte er sich komisch und schlug dem Holzfäller gegen das Bein. „Au, au, mein Bein ist gebrochen“, rief der Holzfäller, „wie komme ich jetzt nach Hause?“ 
„ Komm, wir schienen das Bein, dann nehme ich dich huckepack und trage dich auf meinem Rücken heim.“ „Aber das kann ich doch nicht annehmen“, sagte der Holzfäller.“
„Paperlapap“, sagte da der Prinz, „du hast mir geholfen und jetzt helfe ich dir.“ Der Prinz nahm den Holzfäller huckepack und trug ihn sieben Tage und Nächte bis zu seinem Haus. Als sie ankamen kam die Frau des  Holzfällers weinend aus dem Haus.
„Was soll nur werden, was soll nur werden.“ Sie hob die Hände zum Himmel und reckte sie dann hilflos ihrem Mann zu. „ Ich habe dich sehnlich erwartet. Seit Tagen rennt ein großer böser Schafbock durch die Gegend und nimmt jeden auf die Hörner, den er nicht leiden kann. Letzte Nacht rannte er gegen unsere Tür. Sie ist schon fast kaputt. Noch so einen Angriff steht die Tür nicht durch, dann sind wir des Todes.“
„Könntest du bei uns bleiben?“, fragte der Holzfäller den Prinzen, „wenigstens so lange bis ich wieder gesund bin. In meinem Zustand kann ich meine Familie nicht beschützen.“
„Gern“, sagte der Prinz und brachte den Holzfäller ins Haus. Er kümmerte sich um das gebrochene Bein, da rief die Frau des Holzfällers voller Schrecken: „der Bock, der Bock.“
„Was ist mit dem Bock“, fragte der Prinz.
„Er kommt angerannt und die Tür ist noch nicht repariert. Wir sind alle des Todes.“
„Keine Angst“, sagte der Prinz, ich stemme mich einfach gegen sie.
Er musste sich beeilen, denn der Bock rannte geradewegs auf die Haustür des Holzfällers zu. Mit aller Kraft stemmte er sich dagegen. Mit einem dumpfen Knall rammte der Schafbock mit dem Kopf  die Tür. Der Aufprall war heftig und der Arm des Prinzen tat sehr weh. Schon wieder holte der Bock Anlauf, länger und kräftiger als vorher. Der Aufprall war noch heftiger und der Schmerz im Arm war viel stärker. Und schon wieder nahm der Schafbock Anlauf. Der Anlauf war noch länger und der Bock bekam noch viel mehr Geschwindigkeit. Der Prinz achtete nicht auf die Schmerzen,  er presste sich mit aller Kraft gegen die Tür, wusste er doch, dass  alle sterben werden, wenn der Bock die Tür aufstößt. Mit ungeheurer Kraft stieß der Bock gegen die Tür, die mit einem gewaltigen Getöse in ihre Einzelteile zerbarst. Der Prinz flog in die Ecke und erwartete den sicheren Tod. Er wartete und wartete und wartete, doch es blieb ruhig. Es war als hätte es den Bock nicht gegeben. Nach einer Weile traute sich die Familie aus den Verstecken heraus, die sie sich gesucht hatten. Und siehe da, der Bock lag tot im Eingang. Er hatte sich beim Aufprall das Genick gebrochen. Alle begannen zu jubeln und man lag sich vor Freude in den Armen.  Das eine um das andere Mal drückten die Söhne des Holzfällers, Harald und Konrad, den Prinzen fest an sich und sagten ihm, dass er ihr Held sei. „du hast den Bock umgebracht, du bist so stark und  so groß und hast uns gerettet.“ Doch egal was sie sagten der Prinz konnte sich nicht freuen. `Ich  habe doch nur die Tür festgehalten was ist da schon dabei´. Der Prinz konnte sich einfach nicht über den Sieg freuen weil er in seinem Herzen immer wieder den Satz wiederholte: „Ich kann nicht kämpfen weil mir mein Papa das nicht gezeigt hat.“ 
Der Holzfäller wiederholte seine Bitte, „Bleib bei uns bis ich wieder gesund bin und verrichte bitte alle Arbeiten, die ein Mann machen muss. Und schließlich brauchen wir einen Helfer, der den Bock mit uns vertilgt.“
„Ja bitte“, riefen Harald und Konrad und freuten sich riesig als der Prinz zustimmte.
So verging Tag um Tag. Der Holzfäller begann sich zu erholen, Harald und Konrad unternahmen viel mit dem Prinzen und genossen seine Gegenwart sichtlich. Aber der Prinz konnte das nicht genießen. Er war traurig. Man konnte meinen diese Traurigkeit gehörte zu ihm, wie sein Name zu ihm gehörte. Immer wieder spürte er den Satz in sich: `Ich kann nicht kämpfen, weil mir das mein Vater nie gelehrt hat´. Konrad, der jüngere der Brüder spürte diese Traurigkeit und es tat ihm leid. So setzte er sich eines Tages zum Prinzen. „Warum bist du immer so traurig?“, fragte er.
„Weißt du, eigentlich bin ich ein König, doch ich kann nicht König werden. Als König muss man für sein Volk und sein Land kämpfen aber ich kann es nicht. Mein Vater hat es mich nicht gelehrt.“
„Kann man denn da gar nichts machen?“, Konrad sah den Prinzen an.
„Ich müsste jemanden haben, der mich lehrt wie man kämpft.“
„Gibt es da überhaupt niemanden?“
„Ich habe schon gesucht und gesucht, es gibt weit und breit keinen.“
„Na wenn du niemanden hast, dann geh doch zum großen Zauberer?“
„Spinnst du“, schrie Harald, so etwas darfst du nicht einmal denken.“
Der Prinz wurde hellhörig. „Warum denn nicht?“
„Der Zauberer ist wunderlich und treibt mit jeden Schabernack, wer weiß was er mit dir macht.“
„Aber wenn er doch niemanden hat, der ihm helfen kann“, schrie jetzt Konrad, „der Zauberer ist nicht böse.“
„Aber er darf nicht gehen“, schrie Harald.
„Muss er doch“, schrie Konrad zurück und beide begannen miteinander zu raufen.
Der Prinz ging dazwischen und sagte: „Ich werde gehen. Euer Vater ist wieder gesund und ihr braucht mich nicht mehr. Ich gehe zum Zauberer. Schlimmer als es mir jetzt geht kann es nicht mehr werden.“
Es gab einen tränenreichen Abschied, denn die Jungen liebten den Prinzen sehr. Der Holzfäller und seine Frau wünschten ihm von ganzem Herzen alles Gute und gaben ihm Proviant mit. Der Prinz  nahm allen Mut, den er hatte zusammen und machte sich auf den Weg.
Sieben Wochen war er schon auf dem Weg. Tag für Tag wurde seine Traurigkeit ein bisschen stärker. Das Laufen fiel ihm schwerer und schwerer. Schließlich glaubte er, dass ihm der Zaubrer doch nicht helfen könnte und hatte überhaupt keine Kraft mehr. Vor Ermüdung fiel er in einen tiefen Schlaf. Dabei träumte er. Er träumte, dass er Hunger bekam und sich auf dem Markt etwas zu essen kaufen wollte. Da kam er an einen Stand von zwei alten Marktweibern. Die eine roch nach Sauerkraut und die andere nach altem Hering. Er trat an ihren Stand, doch sie beachteten ihn nicht, sondern unterhielten sich angeregt. „Ach was soll nur werden“, lamentierte die Eine. „Unser König ist alt und gebrechlich. Wer wird uns eigentlich helfen und beschützen wenn er nicht mehr da ist?“ Als der Prinz am Morgen erwachte sehnte er sich nach Hause, nach den Menschen und danach König zu sein. Ich muss zum Zauberer, dachte sich der Prinz. Er aß den letzten Proviant, nahm alle Kraft zusammen, und lief in die Richtung in der er das Haus des Zauberers vermutete. Nach kurzer Zeit fand er es.  Es lag im Wald neben einem Bach. Vielleicht war es mal eine alte Mühle, aber wer weiß das schon. Es sah genau so aus wie es ihm vom Holzfäller beschrieben worden war. Klein war es, ein wenig schief und krumm und es roch nach Heu und Moos. Der Prinz klopfte an die Tür. „Hallo, haalo…,“  rief er, doch niemand hörte. Der Zauberer war offensichtlich nicht da.
„He, was willst du hier“, hörte er plötzlich eine piepsliche Stimme. Der Prinz blickte um sich, doch er sah niemanden.
„He, ich bin hier unten. Was willst du?“
Der Prinz sah herunter und erblickte eine Maus. Nein, es war keine gewöhnliche Maus. Es war eine Maus mit einer Uniform, wie sie sonst nur Musketiere tragen. Sie stand auf den Hinterbeinen, hatte einen kurzen Bart im Gesicht und ein Schwert an ihrer Seite. Der Prinz sah diese Maus verwundert an und fragte sich was das sei. Da fuhr ihn dieser Mäuserich an: „Halt keinen Schritt weiter.“ Der Prinz lachte: „Was willst du denn mit deinem Zahnstocher?“
„Ich geb dir gleich eines mit dem Zahnstocher. Das ist ein echtes Schwert mit dem ich schon viele Feinde erlegt habe. Und wenn du mir nicht sofort sagst was dein Begehr ist,  kannst du was erleben.“
Eigentlich hätte er den Kleinen gern ein wenig gefoppt, doch dann fiel ihm ein, dass man im Hause eines Zauberers vorsichtig sein muss. So fragte er ihn lieber nach seinem Namen.
„Emil, heiße ich und bin der gute Geist im Hause des großen Zauberers. Mit guten Geistern sollte man sich immer gut stellen, drum heißen sie auch gute Geister. Sag schon, was willst du hier?“
„Das sage ich nur dem Zauberer.“
„Na so einen wie dich lasse ich doch am ausgestreckten Arm verhungern“, sagte die Maus. Der Prinz musste lachen, doch er lachte nur ein ganz klein wenig, denn er befürchtete, dass er ohne die Maus nie zum Zauberer kommen würde.
„ Würdest du mich bitte beim großen Zauberer anmelden?“, fragte er nun ausgesprochen höflich.  Emil fasste sich ans Kinn. „Mal sehen“, überlegte er.“Ach das geht ja gar nicht, der Zauberer ist gar nicht da.“ „Wann kommt er denn wieder“, fragte der Prinz.
„Das weiß ich nicht“, sagte Emil, aber was willst du denn von ihm?“
„Ich würde beim großen Zauberer kämpfen lernen wollen.“
„Was hast du gesagt“, Emil hielt seine Hand ans Ohr.
„Ich würde gern beim großen Zauberer kämpfen lernen wollen“, rief der Prinz.
„Ich versteh dich nicht“, sagte Emil.
„Ich will kämpfen von ihm lernen weil mein Vater nie Zeit für mich gehabt hatte und mir das jetzt nicht mehr zeigen kann“, brüllte er nun.
„Kämpfen kannst du doch auch bei mir lernen“, sagte Emil und zog sein Schwert.
„Nein, danke“, sagte der Prinz ausgesprochen höflich, denn er wollte Emil nicht beleidigen.
„Na dann nicht. Wenn du warten willst, solltest du einige Tage einplanen. Wenn du bei uns übernachten willst, musst du mir bei allen anfallenden Arbeiten helfen.“
Der Prinz willigte ein. Aber von wegen helfen, alle Arbeit schob Emil auf den Prinzen ab. Alles musste er allein machen und Emil übte jeden Tag von früh bis spät Schwertkampf indem er mit seinem Säbel gegen ein großes Stück Käse kämpfte das auf dem Boden lag. Vor, zurück, vor zurück, Finte, Attacke, vor zurück. Manchmal vertat sich Emil auch, dann ging es, vor zurück, zur Seite ran. „Oh, falscher Film“, sagte er dann, und „ups“ und fing wieder von vorne an. Auch wenn der Prinz alle Arbeit machen musste, hatte er viel Zeit für sich übrig. Trotzdem ärgerte es ihn, dass Emil alles aufhalste. „Eh, du fauler Strick, du stocherst mit deinem Zahnstocher im Käse rum und ich muss die ganze Arbeit allein machen. „ Du kannst ja gehen“, sagte Emil schnippisch. „Schon gut“, sagte der Prinz, schließlich wollte er auf den Zauberer warten. Anfänglich mochte er nicht hinsehen  wenn Emil seinen Säbel schwang.  Vor, zurück, vor zurück, Finte, Attacke, vor zurück, doch irgendwie blieb ihm nichts anderes übrig. Sehr schnell begriff der Prinz wie man es machen muss. Nachdem er eine Weile zugesehen hatte, nahm er einen abgebrochenen Besenstiel und übte so zum Spaß. Tag für Tag übte er in seiner Freizeit und Emil tat so als ob er das nicht bemerkte. Übung macht den Meister, das gilt auch für Prinzen. Unser Prinz wurde besser und besser mit dem Besenstiel. Nach einigen Wochen war er perfekt. Eines Tages sagte Emil: „Wie wäre es denn wenn du dein Schwert nimmst anstatt des Besenstiels?“ Der Prinz erschrak: „Das geht doch nicht, ich kann doch nicht kämpfen. Niemand hat mir gezeigt wie man das macht, man kann sich mit dem Schwert verletzen. Ich muss doch warten bis der Zauberer kommt und mir zeigt wie das geht.“
„Aber es geht doch schon ganz gut, perfekt könnte man meinen“, Emil kratzte sich am Kopf, „sagen wir fast perfekt sonst wärst du ja so gut wie ich.“
`Jetzt muss ich mir auch noch den Vergleich mit einer Maus gefallen lassen´, dachte sich der der Prinz und schmollte.
Eine Woche später versuchte es Emil noch einmal. „Nimm endlich dein Schwert in die Hand, sonst werde ich böse“, ranzte er den Prinzen an. Der Prinz sah mit Tränen in den Augen zu Emil hinunter und sagte mit weinerlicher Stimme: „Ich kann doch nicht. Wenn ich mein Schwert nehme werde ich mich verletzen. Ach wenn doch endlich der Zauberer käme.“ Emil zuckte mit seinen Achseln, was bei einer Maus recht niedlich aussieht, und  ließ den Prinzen in Ruhe. Er packte sein Schwert und übte. Vor, zurück, vor zurück, Finte, Attacke, vor zurück /vor zurück, zur Seite ran, ups, und dann fing er wieder von vorne an.
Nach ein paar Wochen, Emil war wieder beim Üben. . Vor, zurück, vor zurück, Finte, Attacke, vor zurück/ vor zurück, zur Seite ran ups, doch dieses Mal fing er nicht wieder von vorne an. Er rief dem Prinzen zu, er solle aus dem Speicher das Fernrohr holen. Der Prinz war es inzwischen gewohnt, dass Emil war, wie er war, und holte das Fernrohr. Emil hatte es sich vor dem Fenster bequem gemacht und  wollte sich anscheinend die Gegend betrachten. Er lag gemütlich auf dem Sofa, rauchte eine Zigarre und sah durch das Fernrohr. Plötzlich sprang er auf und schrie:“ Schnell, schnell, komm her.“

Der Prinz blickte Emil erstaunt an. Dieser gab dem Prinzen ein Zeichen, er solle durch das Fernrohr blicken. Was er da sah, ließ ihm das Blut in den Adern erfrieren. In rasender Geschwindigkeit kamen drei Ungeheuer auf das Haus des Zauberers zu. Vorn dran war eine schreckliche Katze mit riesigen Krallen. Dahinter kam in Riesensätzen ein reißender Wolf mit unglaublich großen Zähnen.  Nach dem Wolf sah der Prinz einen Bären, so groß wie er noch keinen gesehen hatte.
„Los, wir müssen die drei vor dem Haus erwarten, sonst sind wir verloren“, die kleine Maus schob den Prinzen vor die Tür.  Dort stand er starr und wusste nicht was zu tun war. Wenn er doch von seinem Papa gelernt hätte wie man kämpft oder wenn der Zauberer da wäre.
„Greif zum Schwert“, rief Emil.
„Ich kann doch nicht“, rief der Prinz mit weinerlicher Stimme.
Die schreckliche Meute kam näher und näher. Emil zückte sein Schwert und rief noch einmal. „Greif zum Schwert“. Doch der Prinz winselte wieder: „ich kann nicht“.
Die Meute kam näher und man hörte sie schon keuchen, die Lage wurde bedrohlich. Die Katze war fast auf dem Sprung.  Hatte sie es auf Emil abgesehen oder auf den Prinzen? „Greif zum Schwert“, schrie Emil und Angst schwang in seiner Stimme.  Die Katze setzte zum Sprung an. Da nahm der Prinz all seinen Mut und all seine Kraft zusammen führte seine Hand zum Griff des Schwertes und umfasste es. Als er den Griff gepackt hatte, strömte plötzlich eine riesige Kraft in seine Hand. Von dort strömte diese Kraft in den Arm, die Schulter und erfüllte ihn vom Kopf bis zu den Zehen. Das war gerade der richtige Moment. Kraftvoll zog der Prinz das Schwert aus der Scheide und schlug der Katze den Kopf ab.  Die Katze hatte ihn zwar mit ihren riesigen Krallen am Bein erwischt aber er achtete nicht auf den Schmerz denn schon war der Wolf da. Er sprang auf den Prinz zu, denn er wollte ihm die Kehle durchbeißen. Der Prinz duckte sich zur Seite, der Wolf biss den Prinzen in die Schulter. In diesem Augenblick führte  dieser das Schwert von unten nach oben und stach den Wolf mitten durchs Herz.  Der Wolf war mausetot doch auch jetzt hatte der Prinz keine Zeit für seine Schmerzen. Der Bär richtete sich auf und wollte sich auf den Prinzen stürzen. Der Prinz erinnerte sich daran was er von Emil gelernt hatte. Vor, zurück, vor zurück, Finte, Attacke, vor zurück. Doch der Bär war nicht so schwerfällig wie er aussah. Der Prinz kämpfte und kämpfte. Die Wunden schmerzten und die Kräfte drohten ihn zu verlassen. Immer wieder   Vor, zurück, vor zurück, Finte, Attacke, vor zurück. Doch da, vor zurück, zur Seite ran, ups, und mit einem Hieb hatte er den Bären vom Scheitel bis zur Sohle zerteilt. Er konnte es selbst kaum glauben. Er stand eine Weile da und staunte. Dann riss er das Schwert in die Luft. „Emil, Emil, wir haben es geschafft, Sieg, Sieg, wir haben es geschafft.“  Er Sprang auf einem Bein im Kreis, das Schwert immer noch in die Luft gestreckt. „Emil, Emil, wo bist du? Wir müssen doch unseren Sieg feiern.“ Der Prinz konnte Emil nirgendwo finden. Er erschrak. Haben die Ungeheuer ihn doch noch erwischt oder hatte er ihn beim Siegestanz zertreten. Angsterfüllt sah er sich noch einmal um. Emil blieb weg. Da trat ein Mann aus dem Haus. Er hatte genau so eine Uniform wie Emil an, genau so einen Bart und ein Schwert an der Seite. Es war der Zauberer. „Emil, eure Hoheit, hochwürdiger Zauberer“, der Prinz stotterte herum denn er wusste nicht was er sagen sollte.  „Ja, ich bin es“, sagte der Zauberer. Der Prinz fiel dem Zauberer um den Hals denn er wusste, dass er nun kämpfen gelernt hatte. „Das Schwert, hast du das verzaubert?“, fragte er nach einer Weile. „Nein“, sagte der Zauberer, „als du den Griff angefasst hast, hat dich die Kraft durchströmt, die schon immer in dir war.“
Die Wunden des Prinzen waren bald verheilt und er wollte so schnell wie möglich nach Hause. Der Zauberer sollte ihn begleiten, doch der wollte später nachkommen. „Wenn ich zum König gekrönt werde, wirst du dann da sein?“ „Ja“, sagte der Zauberer, „das werde ich mir im Leben nicht entgehen lassen.“
Nachdem der Prinz viele Wochen gereist war, kam er zu Hause an. Alle jubelten ihm zu. Der alte König war inzwischen sehr gebrechlich geworden und freute sich riesig, dass er den Thron für seinen Sohn räumen konnte. Ein riesiges Fest wurde vorbereitet. Ein Fest mit essen und trinken, mit Gauklern und Feuerwerk. Das Schloss wurde herausgeputzt und die Bürger strichen ihre Häuser frisch an. Der Prinz sah das alles und freute sich daran. Doch richtig freuen konnte er sich nicht, denn der Zauberer ließ auf sich warten. Das Fest rückte näher und näher, noch immer gab es keine Spur vom Zauberer. Der Prinz hatte sich so sehr gewünscht, dass der Zauberer ihm das Königsschwert übergibt, denn vom Zauberer hatte er kämpfen gelernt. Aber weit und breit war von ihm nichts zu sehen. Viele Gäste kamen  in den Palast aber der Zauberer war nicht darunter. Bis zum letzten Augenblick hatte er gewartet aber nichts, der Zauberer blieb weg.  Da der König zu schwach war, das Schwert zu übergeben, entschloss sich der Prinz seinen Onkel Leopold mit dieser ehrenvollen Aufgabe zu betrauen. Er war zwar sehr traurig darüber, dass der Zauberer nicht da war, doch nicht so traurig wie er früher immer gewesen war.  Onkel Leopold war ja auch keine schlechte Wahl. Er war sein Patenonkel, hatte früher, vor dem Krieg, mit ihm gespielt  und war der Lieblingsonkel. Insgeheim hoffte der Prinz, dass der Zauberer noch kommen würde aber er blieb fern. Die Krönungsfeierlichkeiten begannen. Es war ungeheuer festlich und das Volk hielt immer wieder den Atem an um alles mitzubekommen. Endlich war der große Augenblick gekommen. Onkel Leopold nahm das Schwert in beide Hände Hielt es hoch und zeigte es dem Volk. Dann überreichte er es dem Prinzen, der es in die Hände nahm und fest zupackte. „Seht, euer neuer König“ deklamierte Onkel Leopold. Großer Jubel brach aus. Die Kanonen des Schlosses ließen hundert Böller los.  Die Zuschauer waren sich einig. So etwas Feierliches hatten sie noch nie erlebt. Als der Prinz das Schwert umgetan hatte umarmte ihn Onkel Leopold.  Dabei flüsterte er ihm ins Oh: „vor zurück,  zur Seite ran, ups“. Der neue König traute seinen Ohren nicht. Onkel Emil“, sagte er verwirrt. „Ja, alle in einer Person“, sagte Onkel Leopold. „Schau mal wen ich dir mitgebracht habe.“ Hinter dem neuen König wurde der Vorhang zurückgezogen. Der Holzfäller, seine Frau, Harald und Konrad kamen zum Vorschein. Der junge König rannte auf die Familie zu und umarmte jeden herzlich. Besonders Konrad bekam eine dicke Umarmung.  Der neue König riss ihn hoch, und drehte sich mit ihm im Kreis.  Das sah zwar nicht sehr königlich aus, doch das Volk jubelte laut. Im Publikum standen zwei alte Marktweiber. Die Eine roch nach Sauerkraut und die Andere nach altem Hering. „Jetzt haben wir keinen traurigen Prinzen mehr, sondern einen fröhlichen König“, sagte die Eine zur Anderen.
Am Abend während des großen Festes merkte der neue König, dass er unbedingt eine Königin braucht um ein guter König zu sein. Wie sollte er ohne Königin Bälle eröffnen und den ersten Tanz bei all den Festen machen, die er mit seinem Volk feiern wollte?
Diesen Gedanken teilte er Onkel Leopold mit. „Ich hab da mal was vorbereitet“, sagte Onkel Leopold. „Untersteh dich“, sagte der neue König und drohte mit dem Zeigefinger. Lachend fügte er hinzu; „das schaffe ich schon alleine.
©Volker Bachmann

1 Kommentar:

  1. Das ist eine wunderschöne Geschichte, lieber Volker! Und: Ja, ich entdecke sehr viele Neuner-Themen darin - aber auch die Kraftquelle, die zur Tat bringt (Neun zur Dreier-Energie): Super!!! Weiter so! Margit

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