Samstag, 25. Dezember 2010

Samstag vorm 2. Advent 2010

Volkers Bläserblog  2.
Samstag vorm 2. Advent 2010
Wenn man älter wird, drehen sich die Gespräche mehr und mehr um Krankheiten. Nun bin ich 50 geworden und meide Gespräche über körperliche Leiden wie der Teufel das Weihwasser. Wer ist schon gern   Alt… . Naja, alt möchte jeder werden, nur nicht alt sein. Und nun hat es mich erwischt, vermutlich Erkältung der Blase oder so. Und jetzt kommen die Bläsereinsätze zum Advent. Was soll ich nur machen? Ich habe keinen Bock darauf jedem zu erklären, dass ich  vorsichtig sein muss. Andrerseits hat es auch keinen Sinn meine Probleme zu verheimlichen. So, wie ich meine Bläser kenne, kommt es sowieso heraus und jeder fragt sich, warum ich so eine große Heimlichtuerei mache. Ich werde die Tipps und das  Mitgefühl schon ertragen können. Ein alter Mann sagte mir z. B. ich solle eine Windel in die Hose legen. Mir leuchtete das ein, wenn man erkältet ist wickelt man ja auch einen Schal um den Hals. Na, mal sehen was noch so kommt…
Vor unserem Einsatz am Samstag vorm zweiten Advent lagen noch zwei Geburtstagsständchen an. Beide liegen zum Glück an einem Tag. Gar nicht schlecht, so müssen wir nur einmal raus.  Alle Jubilare mit rundem oder halbrundem Geburtstag aus der Altgemeinde Isserstedt haben das Recht auf ein Ständchen. Da wir versuchen, das Ständchen am Geburtstag zu bringen, ist das manchmal recht schwierig. Schön und gut, ich rief an. Bei beiden Jubilaren waren Familienangehörige dran. Beim ersten sagte die Ehefrau: „mein Mann ist gar nicht in der Kirche“.  Anscheinend muss da irgendetwas geupdatet werden, entweder die Kirchenkartei oder die Erinnerung des „Geburtstagskindes“. Bei der zweiten Jubilarin sprach ich mit ihrem Mann. Er war in der letzten Wahlperiode Kirchenältester, spielt manchmal Orgel. Zu meinem Erstaunen sagte er mir, dass er operiert wurde und zum Geburtstag zur Reha muss. Wieder mal habe ich festgestellt, dass man nur ein paar Kilometer voneinander entfern wohnt und doch zu wenig voneinander weiß. Als Christen sollten wir füreinander beten wenn es dem anderen dreckig geht, natürlich helfen, wenn wir können, aber wenn man nichts voneinander weiß?    Da seine Frau am Samstag feiert, wäre es schön, wenn wir Samstag unser Ständchen bringen.  Das kam uns entgegen.  „Gut, wenn ich die Bläser zusammenbekomme, dann am Samstag“. Da wir am Samstag gegen Abend in Lützeroda zum Weihnachtsmarkt Advents- und Weihnachtslieder spielen, könnten wir das vielleicht verbinden.
Nach einigen Telefonaten war klar, dass wir blasfähig sind. Jetzt rief ich bei der Jubilarin an, um unser Ständchen anzukündigen. Das Gespräch dauerte ca. zwanzig Minuten.  Wir unterhielten uns über ihr Engagement für Menschen in Weißrussland, ich revidierte partiell meine Meinung über einen Nachbarpfarrer und wusste, dass wir als Bläser herzlich willkommen sind. Da ich gesundheitlich doch ein wenig vorsichtig sein muss, habe ich mir für den Weihnachtsmarkt frei gegeben aber das Ständchen wollte ich unbedingt mitmachen. Im Laufe der Woche bekam ich noch einen Anruf von Florian, einem Jungbläser. „Wann fahren wir zum Weihnachtsmarkt?“  Es geschehen noch Zeichen und Wunder, nur eine Ankündigung und die Jungbläser erinnern sich selbstständig.
Am Samstag versammelten wir uns vor dem Haus der Jubilarin. Es war ganz schön kalt, zwischen sechs und acht Grad minus.  Der Schwager von Frau E. war mal Kantor und kam zu uns. „Bei den Temperaturen bläst nicht jeder Posaunenchor in Thüringen.“ War das jetzt ein Kompliment???  Natürlich hatten wir Adventslieder aufgelegt. Die Jungbläser übten die gerade.  „Wie soll ich dich empfangen“, „ Macht hoch die Tür“, die ersten beiden Lieder gingen ganz gut. Nur komisch, meine Posaune ging schwerer als sonst, ich sollte mal wieder einen Fett- und Ölwechsel einplanen. Beim Dritten Lied musste ich während der ersten Strophe viel Luft ins Instrument pusten, um bei der zweiten wieder mitspielen zu können. Es war doch noch gar nicht so kalt, dachte ich, ich müsste mein Instrument besser pflegen. Jetzt kam „Tochter Zion freue dich“, doch die Freude hielt sich in Grenzen, denn zuerst stieg der Tubist aus weil die Ventile klemmten und dann war bei den anderen Posaunisten Schluss. Die Geburtstagsgäste haben sich trotzdem gefreut, sie sagten es wenigstens. Wir wurden eingeladen uns am Kuchenberg im Haus zu laben und uns beim Glühwein, Kaffee usw. aufzuwärmen.  Natürlich haben wir dann erzählt, dass wir früher einmal rumänischen, selbstgebrannten Pflaumenschnaps als Frostschutzmittel in die Posaune geschüttet haben. Es blieb aber nur einmal dabei, denn die Instrumente und die Etuis stanken noch ein halbes Jahr beim Öffnen nach Pflaume. Nach einer Weile sagte ich Jürgen, dass ich in Lützeroda nicht dabei sein werde, „meine Blase…“  Jürgen ist Pfleger in der Urologie. „ Trinken, viel trinken“, sagte er. „Bis zu fünf Liter am Tag, warmes Bier ist auch ganz gut, soll ich dir Kapseln geben, die das Wasserlassen fördern?“, „Nein danke so schlimm ist es nicht“, sagte ich. Nun war es also da, das Gespräch über meine Blase… Zum Glück waren die anderen in ihre Gespräche vertieft. Nach dem herzlichen Empfang bei dem wir uns und unsere Instrumente aufgewärmt hatten gingen die anderen nach Lützeroda. Ich wäre gern dabei gewesen. Der Weihnachtsmarkt im Ort liegt etwas geschützter, sie sind nicht mehr eingefroren.
Zu Hause sprach ich mit meinen Eltern, die beim Geburtstag der Tante waren. „Wir mussten den Cousinen und ihren Männern erzählen, dass du es mit der Blase hast, sie fragten ob du dieses Jahr wieder Weihnachtsbäume abgibst?“ Na prima, jetzt weiß es auch noch die ganze Verwandtschaft. „Weißt du, der und der, die und die hatten es auch schon mit der Blase…“
©Volker Bachmann Dez. 2010

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